Otto Sprengs Leben

 

In einem schmucken Einfamilienhäuschen der Eisenbahnerbaugenossenschaft auf dem Geissenstein in Luzern wohnte von 1913 bis zu seinem Tode im Jahr 1960 Professor Otto Spreng, der sein geliebtes „Dörfchen“ und dessen Umgebung in vielen Ölgemälden, Aquarellen und Zeichnungen festhielt. Viele von ihnen zieren heute noch die Stuben der Geissensteiner. Wir können ihnen aber auch in städtischen Gebäuden, im Kunstmuseum Luzern und in andern Museen begegnen. Seine Motive fand der begnadete Maler in der Landschaft, in Blumen und Früchten. Am liebsten malte er im Freien und wusste seinen stimmungsvollen Gemälden durch eine vom französischen Impressionismus angeregte Pointilliertechnik oder durch feine tonige Abstufung einen lichtvollen Gehalt zu geben. Auch seine Handzeichnungen und Aquarelle zeugen von einer fast abgeklärten Beschaulichkeit und von einer tiefen Empfindung. Seine Skizzenbücher, die ihn stets begleiteten, lassen uns zurückblicken auf seine Wanderungen und Kunstreisen, ja auf sein Leben, das mit schwerer Arbeit und hartem Ringen des zum Künstler berufenen erfüllt war.

Otto Spreng wurde am 18. September 1877 in Langenthal geboren und wuchs mit seinen sieben Geschwistern in Strengelbach bei Zofingen auf, wohin die Familie nach dem frühen Tod der Mutter gezogen war. Nach der Lehrzeit als Dekorationsmaler bei seinem Onkel Johannes Spreng in Brugg, die er 1896 beendete, reiste er nach Paris. Nach kurzer Tätigkeit in einer Werkstatt für Dekorationsmalerei besuchte er die von Franc Baille geleitete Académie St-Louis, bildete sich geistig in Erwachsenenkursen fort. In seinem zweieinhalbjährigen Studienaufenthalt stand er vor allem unter den Ausstrahlungen der französischen Kunst, besonders der Malerei eines Corot, eines Renoir und der Plastik eines Rodin.

Durch die Krankheit seines Vaters zur Rückkehr in die Heimat gezwungen, besuchte er nun die Kunstgewerbeschule in Zürich, wo er sich bei Stückelberg und Wildermuth neues Wissen aneignete. Im Auftrag eines Zürcher Geschäftes kam er nach Luzern, um die Fassadenmalereien am Hotel „Balances“ und am „Dornacherhaus“ am Hirschenplatz nach den Plänen von Seraphin Weingartner zu leiten und mitzugestalten. Weingartner, Leiter der Kunstgewerbeschule Luzern, wurde auf den jungen Künstler aufmerksam. Otto Spreng, der eben eine Winterthurer Konkurrenz mit dem ersten Preis bestanden hatte, wurde Ende 1901 als Hilfslehrer an die Kunstgewerbeschule Luzern gewählt und 1903 definitiv gewählt. Nun folgten über 30 Jahre hingebenden Wirkens als Fachlehrer für dekoratives Malen, graphisches Zeichnen, Materialkunde und Stillehre. Spreng, der die Aufgabe und die Grenzen der Schule erkannte, war seinen Zöglingen ein kluger Führer, dem es um den ganzen Menschen, nicht um den Spezialisten ging. Viele seiner Schüler, tüchtige Handwerker und freie Künstler von gutem Namen, blieben mit ihm in Dankbarkeit und Freundschaft bis zuletzt verbunden.

Im Widerstreit zwischen den Anforderungen der Lehrtätigkeit und dem Drang zum freien künstlerischen Gestalten entschied sich Otto Spreng im Jahre 1934 zum Rücktritt aus dem Schuldienst, was ihm innerlich aber schwer zu schaffen machte. Seine Gattin jedoch, die Tochter von Bildhauer Sales Amlehn aus Sursee, die ihm seit 1904 als echte Künstlerfrau zur Seite stand, wusste ihn mit feiner Einfühlungsgabe auch durch diese dunklen Stunden zu führen. Und man versteht, wie tief ihn der Heimgang dieser frohen Lebensgefährtin im März 1945 berühren musste.

Ihm blieb seine Kunst, die durch ihre Anregung so viel gewonnen hatte. Immer wieder begegnete man Werken Otto Sprengs an Ausstellungen, vor allem an denen der Kunstgesellschaft Luzern, der er 58 Jahre als Mitglied und längere Zeit als Vorstansmitglied angehörte. Die Gesellschaft ehrte ihn durch eine Ausstellung zu seinem 75. Geburtstage im Jahre 1952 und durch eine Gedächtnisausstellung 1961. Ein Jahr zuvor, am 13. Oktober 1960, hatten sich seine für alles Schöne so offenen Augen für immer geschlossen. Noch bis in die letzten Wqochen vor seinem Tode hatte er mit sicherer Hand Stift und Pinsel geführt oder zur Feder gegriffen, um seinen Gedanken, wie schon so oft, Ausdruck in einem sinnigen Gedicht zu geben.

Porträt von O. Spreng aus dem Jahre 1909

Porträt vom 20. April 1933

Porträt vom 2. Januar 1944